
Ausstehende Gehälter einklagen ab jetzt leichter
By M. Waitschies | Gehalt
Köln, 29. Mai 2019 – Arbeitnehmer haben es wahrscheinlich bald sehr viel leichter, ausstehende Monatsgehälter einzuklagen.
Das geht aus einer Entscheidung des Landesarbeitsgerichtes Köln vom 24. Mai 2019 hervor (Aktenzeichen 3 Ca 620/18).
Eigentlich denkt man, dass es doch ganz einfach ist, Lohn einzuklagen, wenn der Arbeitgeber nicht zahlt: Man geht einfach zum Gericht, erklärt, der Arbeitgeber schulde das Monatsgehalt und bekommt Recht.
Doch so einfach ist das nicht.
Beispiel: Weißt Du noch, von wann bis wann Du am 2. Februar 2018 gearbeitet – und was Du an diesem Tag für Deinen Arbeitgeber gemacht hast?
Wenn Du in einer Firma arbeitest, in der Deine Arbeitszeiten erfasst werden, hast Du zumindest kein Problem damit, Deine Anwesenheit zu belegen. Aber hast Du an diesem Tag auch gearbeitet? Wer kann das als Zeuge belegen? Gibt es noch alte E-Mails, auf die Du zugreifen kannst und damit beweisen, dass Du tatsächlich gearbeitet hast?
Wenn es Dir schwer fällt, diese Frage zu beantworten, erkennst Du das Problem eines Arbeitnehmers im Prozess, der sein Monatsgehalt einklagen will.
Denn bislang fordert das höchste deutsche Arbeitsgericht, dass bei diesen so genannten Lohnklagen die Arbeitnehmer beweisen, dass sie auch wirklich tätig waren. Sie müssen also zumindest angeben, an welchen Tagen sie genau gearbeitet und was sie getan haben. Und das ist manchmal sehr schwer, wenn der Arbeitsvertrag schon ein paar Monate beendet ist.
Gelingt es ihnen nicht, darzulegen und notfalls zu beweisen, dass sie für den Arbeitgeber tätig waren, werden sie vom Gericht kein Urteil bekommen, das ihnen Geld zuspricht.
Die Richter am Landesarbeitsgericht Köln finden aber, dass das nicht passt – und nähren die Hoffnung, dass sich zumindest für feste Monatsgehälter eine Vereinfachung ergibt. Sie haben geurteilt: Klagt ein Arbeitnehmer ein festes Monatsgehalt ein, das der Arbeitgeber bislang nicht bezahlt hat, muss der Arbeitnehmer nur den Arbeitsvertrag vorlegen. Dann ist es Sache des Arbeitgeber, nachzuweisen, dass der Arbeitnehmer nicht tätig war. Und dieser Beweis ist schwer!
Konkret ging es um diesen Fall:
Ein IT-Techniker verklagten seinen Chef, eine kleine IT-Firma, auf Gehalt, das im Februar 2018 nicht gezahlt worden war. Es ging immerhin um etwas mehr als 3.000 Euro.
Der Arbeitgeber erklärte, er zahle nicht. Grund: Der Techniker sei bei zwei Kunden nicht erschienen.
Im Vertrag stand, dass der Kläger von zu Hause aus arbeiten durfte. Er sollte allenfalls einzelne Außeneinsätze bei Kunden erbringen. Arbeitszeiterfassung gab es nicht.
Das überzeugte das Arbeitsgericht und auch das Landesarbeitsgericht nicht. Sie verurteilten den Arbeitgeber zur Zahlung. Es wich dabei ganz ausdrücklich von den Grundsätzen der Bundesarbeitsrichter ab, die eigentlich verlangen, dass der Arbeitnehmer beweist, dass er tätig war. Die Kölner Richter schrieben:
„Die vom 5. Senat des Bundesarbeitsgerichts entwickelten Grundsätze zur Darlegungs- und Beweislast des Arbeitnehmers im Entgeltprozess sind bei Fällen, in denen die Parteien ein verstetigtes Monatsbruttoeinkommen bei einer definierten regelmäßigen Arbeitszeit vereinbart haben, wenig überzeugend. Denn die Nichterfüllung der Arbeitspflicht ist gemäß § 275 Abs.1 BGB eine Einwendung, also eine Leistungsstörung, die gemäß § 326 Abs.1 BGB zum Wegfall des Anspruchs auf die Gegenleistung führt. Üblicherweise hat derjenige, der Rechte aus Tatsachen herleitet, die eine Einwendung begründen können, die Darlegungs- und Beweislast für diese Tatsachen zu tragen. Das gilt auch für denjenigen, der Rechte aus § 326 Abs.1 BGB geltend macht mit dem Vortrag, die Leistung des Schuldners sei unmöglich geworden (…). Das wäre hier also der Arbeitgeber, der die Tatsache darzulegen und zu beweisen hätte, dass die geschuldete Regelarbeitszeit nicht erbracht worden ist.“
Hier der Link zur Kölner Entscheidung:
httpss://www.justiz.nrw.de/nrwe/arbgs/koeln/lag_koeln/j2019/6_Sa_449_18_Urteil_20190314.html